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Krisen- und Notfallsituationen – Informationen für Angehörige und Fachkräfte

Psychische Krisen können jeden Menschen treffen. Sie treten unabhängig von Alter, Bildung, Beruf, Herkunft oder sozialem Status auf. Eine Krise kann in einer kurzfristig einwirkenden Belastungssituation (z.B. einer Schockreaktion aufgrund einer realen Gefahrensituation) gründen. Sie kann jedoch auch Folge einer länger andauernden, kumulativen Belastung sein. Die Ursachen für eine akute seelische Notlage sind vielfältig und können zum Beispiel durch Verlusterlebnisse oder Enttäuschungen, traumatische Erlebnisse, psychosoziale Konflikte, lebensverändernde Umstände oder Umbrüche, Entwurzelung oder Vereinsamung sowie psychische Erkrankungen wie Psychosen, Depressionen oder Angststörungen ausgelöst werden. Menschen mit vorbestehenden psychischen Erkrankungen weisen oft eine erhöhte Anfälligkeit gegenüber krisenhaften Anlässen auf.

Jede Krisen- bzw. Notfallsituation ist individuell und bedarf daher auf die Situation angepasste Lösungen. Anbei möchten wir Ihnen jedoch einen allgemeinen Leitfaden an die Hand geben, der Ihnen in Krisen- und Notsituationen einen ersten Rahmen geben soll.

  • Klärung inwiefern eine telefonische Beratung ausreichend ist oder ein Hausbesuch bzw. eine Konsultation mit vorhandenen Hilfen / Beratungsstellen erfolgen sollte
  • Gemeinsame Problemdefinition
  • Klärung anderer zur Verfügung stehender Hilfen
  • Was hilft? Z.B. frühere erfolgreiche Bewältigung
  • Was stärkt? Zu wem besteht Vertrauen?
  • Was entspannt den Betroffenen? Was wird gern getan?
  • Was gibt Sinn?
  • Reizabschirmung
  • Vertraute Personen in der Nähe halten
  • Zum Suizid entschlossene Menschen;
  • Gewaltbereite Menschen, die sich und andere akut gefährden;
    • Wer wird in welcher Form bedroht (physisch, verbal)? Gibt es Schutzbedürftige?
    • Müssen Dritte zur Deeskalation beteiligt werden, z.B. Polizei?
  • Sich akut verschlechternde Psychosen mit Eigen- und / oder Fremdgefährdung
  • Prädelir / Delir und andere akute Verwirrtheitszustände

Diese Gefahrensituationen rechtfertigen die Anwendung des PsychKG und somit die Unterstützung von Rettungshilfe und/oder Polizei.

Eine gegenwärtige Gefahr im Sinne von §11 Abs. 2 PsychKG besteht dann, wenn ein schadenstiftendes Ereignis unmittelbar bevorsteht oder sein Eintritt, zwar unvorhersehbar, wegen besonderer Umstände jedoch jederzeit zu erwarten ist.

Es ist möglich und sinnvoll, die Betroffenen selbst zu ihrer Suizidalität zu befragen. Die Mehrzahl der Betroffenen gibt auf Fragen ehrliche Antworten. Ein großer Teil der Betroffenen fühlt sich durch das klare Ansprechen dieses Themas auch erleichtert. Nach Pöldinger können 10 initiale Fragen an den Betroffenen zur Einschätzung der Suizidalität gestellt werden:

  1. Denken Sie daran, sich das Leben zu nehmen?
  2. Sind diese Gedanken wie ein Zwang?
  3. Haben Sie konkrete Ideen, wie Sie vorgehen würden?
  4. Haben Sie schon Vorbereitungen getroffen?
  5. Haben Sie schon einmal einen Versuch unternommen?
  6. Ist in Ihrer Familie oder im Umkreis so etwas schon passiert?
  7. Sehen Sie die Situation als aussichtslos für sich an?
  8. Haben Ihre Kontakte zu Freunden / Verwandten abgenommen?
  9. Wohnen Sie allein?
  10. Fühlen Sie sich familiär, beruflich, religiös oder weltanschaulich nicht mehr eingebunden?

Je mehr dieser Fragen mit ja beantwortet werden, desto größer ist die Gefahr eines drohenden Suizidversuches. Von besonderer Bedeutung sind die Fragen 2,3,4,5 und 7. Sollten diese bejaht werden, sollte in jedem Fall eine Abklärung durch einen Psychiater in einer Klinik erfolgen.

  • Je nach Bedrohungssituation sind Polizei und Rettungsamt zu verständigen: 112
  • Sofortige Klinikeinweisung, ggf. Unterbringung nach § 15PsychKG über das Rettungsamt
  • Besteht eine Betreuung nach dem Betreuungsgesetz, so ist die Betreuungsperson so schnell wie möglich in Kenntnis zu setzen
  • Maßnahmen der Ersten Hilfe
  • Deeskalierende Gesprächsführung
  • Keine Vorwürfe
  • Ablenkung schaffen
  • Reizabschirmung
  • Sorgen Sie für Ihre eigene Sicherheit
    • Halten Sie Fluchtwege offen
    • Entfernen Sie potentielle Waffen
    • Entfernen Sie Zuschauer
    • Halten Sie sich außerhalb der Schlagdistanz auf. Sorgen Sie ggf. für eine Barriere zwischen Ihnen und dem Patienten (Tisch o.ä.)
    • Drehen Sie dem Betroffenen nie den Rücken zu
    • Vermeiden Sie körperliche Berührung mit dem Betroffenen
  • Versuchen Sie die Situation zu deeskalieren und zu entspannen
    • Achten Sie auf Zeichen eigener Erregung
    • Versuchen Sie ruhiger zu sein als der Betroffene
    • Vermeiden Sie, dass mehrere Personen auf den erregten Menschen einreden
    • Bei Beschimpfungen und Beleidigungen -> nicht darauf einsteigen, weitere Vorgehensweisen mit dem Betroffenen besprechen
    • Trennung der Konfliktparteien (eventuell getrennt befragen)
  • Versuchen Sie die Situation zu kontrollieren
    • Nähern Sie sich leicht seitlich, für den Betroffenen gut sichtbar
    • Versuchen Sie Ablenkungsmanöver (z.B. etwas zu trinken anbieten)
    • Versuchen Sie den Betroffenen zum Hinsetzen zu bewegen
    • Geben Sie klare, einfache positive Anweisungen
    • Sprechen Sie den Betroffenen mit Namen an
    • Alkohol und Drogen sicherstellen
  • Zusammenstellung notwendiger Informationen zum Betroffenen für den Notarzt
    • Persönliche Daten
    • Diagnose
    • Verordnungen / Medikationsplan
    • Notfallpässe
    • Chipkarte
    • Gesetzlichen Vertreter informieren
  • Krankenhaustasche packen
    • Wäsche nach Bedarf
    • Kosmetik
    • Prothese, Brillen, Hörgerät
    • Chipkarte, Befreiungskarte, Ausweis